Speaker Interviews

Wie Benutzerschnittstellen das Vertrauen in autonome Fahrzeuge steigern können – und die Sicherheit
Harman International Industries

Rashmi Rao, globale Leiterin für frühzeitiges Kundenengagement bei Harman International Industries, spricht über die Forschung ihrer Gruppe zum Thema Anwendervertrauen in autonome Fahrzeuge und Fahrerassistenzsysteme (ADAS). Außerdem hebt sie die Bedeutung des Nutzererlebnisses (UX) in dieser Beziehung hervor.

Hören Sie Rashmi Raos Vortrag UX als Werkzeug für das Zusammenwirken von Mensch und Maschine auf dem Autonomous Vehicle Interior Design & Technology Symposium. Kaufen Sie Ihren Teilnehmerausweis hier.

Erzählen Sie uns von Ihrer Präsentation.

Studien zeigen, dass sich die meisten Anwender von Fahrerassistenzsystemen der Beschränkungen dieser Technologie nicht bewusst sind, was zu einem gewissen Misstrauen führt. Die Studien von Harman verdeutlichen, dass Vertrauen und Transparenz Schlüsselfaktoren für das erfolgreiche Zusammenwirken von Mensch und Maschine sind, das für das autonome Fahren entscheidend ist.

Ein benutzerorientierter Ansatz stärkt das Vertrauen der Anwender und befähigt sie zu besseren Entscheidungen. Das ist unerlässlich für den Übergang von einer Philosophie, die von der Minimierung der Fahrerablenkung geprägt ist, zu einem Konzept, das die Aufmerksamkeit des Fahrers gewährleisten will. Harman stellt eine „neue Leinwand“ für Designer vor, mit der eine kollaborative Mensch-Maschine-Schnittstelle – einschließlich AR und VR – erstellt werden kann. Das ermöglicht es den Benutzern, Vertrauen in und Verständnis für die Technologien zu entwickeln, die eine autonome Welt prägen werden.

Was sind die wichtigsten Werkzeuge für den Aufbau von Vertrauen und Transparenz im Zusammenhang mit autonomen Fahrzeugen?

Mein Team bei Harman führte eine Studie durch, die sich in erster Linie mit den Lücken der aktuellen Technologie bei halbautonomen Fahrzeugen befasste. Wir nannten sie die „Tesla-Neuling-Studie“. Keiner der Teilnehmer hatte vor der Studie je einen Tesla oder ein Autopilot-System benutzt. Alle Teilnehmer hatten jedoch mindestens drei Monate Erfahrung mit Funktionen wie Spurhalteassistenz, Lenkunterstützung und einer normalen adaptiven Geschwindigkeitsregelung.

Die Ergebnisse dieser Studie waren sehr aufschlussreich. Sie haben uns geholfen, den „Harman-Ansatz“ zu entwickeln, für den Aufbau von Vertrauen und Transparenz im Zusammenwirken zwischen Mensch und Maschine in autonomen und halbautonomen Fahrzeugen. Wir beschreiben das als die vier Säulen: vertrauenswürdig, transparent, humanisiert und fließend.

Mit vertrauenswürdig meinen wir, dass sich das Fahrzeug zuverlässig und immer gleich verhält und auch so kommuniziert. Fahrer und Insassen wünschen sich multimodale Hinweise für den Übergang zu selbstfahrenden Modi. Transparent bedeutet, dass das Fahrzeug den Fahrer klar über seinen Status und seine Absichten informiert. Fahrer brauchen eine Informationsanzeige, die ihnen mitteilt, was das Fahrzeug erfasst und plant, um Vertrauen aufzubauen.



Autonome Fahrzeuge müssen zudem vermenschlicht, also humanisiert, sein, da das Fahrzeug in der autonomen Interaktion als Teamkamerad gesehen wird. Humanisierte Technologie baut Vertrauen auf, indem Anwendern vermittelt wird, wie das System funktioniert. So werden nahtlose Übergänge ermöglicht. Anwender entwickeln geistige Modelle, um zu verstehen, wie das autonome Fahrzeug funktioniert, und um sich seine Grenzen bewusst zu machen. Und zu guter Letzt muss das Benutzererlebnis fließend sein. Mit anderen Worten: Es muss flexibel sein und an die persönlichen Präferenzen angepasst werden können. Fahrer und Insassen möchten in der Lage sein, die Fahrt – einschließlich kleinerer Veränderungen an der Fahrzeugdynamik – ihren Präferenzen anzupassen, damit es sich mehr wie eine Fahrt im eigenen Wagen anfühlt. So wird das autonome Fahrerlebnis bereichert, ohne den automatischen Modus zu unterbrechen.

Oft misstrauen Anwender den Fähigkeiten von autonomen Fahrzeugen und ADAS-Funktionen nicht so sehr, sondern überschätzen sie eher. In welchem Maß stellt das ein Problem dar? Und wie kann das UX-Design zu einer Lösung beitragen?

Das ist ein sehr reales und wichtiges Thema, das angesprochen werden muss. In einer vor kurzem durchgeführten Studie der American Automobile Association (AAA) werteten die Wissenschaftler die Meinungen, das Bewusstsein und die Kenntnisse von Fahrern zu diesen Technologien der Stufen 2 und 3 aus und stellten fest, dass die meisten die Beschränkungen der Systeme nicht kannten bzw. verstanden. Falsche Erwartungen an Fahrerassistenzsysteme können leicht zu einem Missbrauch der Technologie oder stärkerer Ablenkung des Fahrers führen.

In der Befragung sagten rund 25 % der Fahrer, die Totwinkel- oder Ausparkassistenz verwenden, sie hätten kein Problem damit, sich ganz auf diese Systeme zu verlassen und keine eigene visuelle Prüfung vorzunehmen, beispielsweise den Schulterblick, um entgegenkommenden Verkehr oder Fußgänger auszumachen. Rund 25 % von Eigentümern mit Frontalkollisions- oder Spurabweichungswarnung sagten, sie fänden nichts dabei, sich beim Fahren mit anderen Dingen zu beschäftigen.



Aktuelle UX-Probleme bei Fahrerassistenzsystemen demonstrieren den dringenden Bedarf eines gut durchdachten Zusammenwirkens zwischen Mensch und Maschine. Das bedeutet, dass das Fahrzeug den Anwender über die Grenzen des Systems informiert und die geistigen Modelle von Anwendern beeinflusst, damit diese die Funktionsweise der Systeme richtig verstehen. Und schließlich sollte das UX das Situationsbewusstsein steigern, sowohl hinsichtlich des Fahrzeugstatus selbst, als auch der Verkehrssituation.

Ein Verbundforschungsprojekt in Deutschland ergab: Wenn Fahrer automatisierter Fahrzeuge in einem Simulator Informationen darüber erhielten, mit welcher Gewissheit das Fahrzeug eine bestimmte Situation einschätzte, war der Zeitraum bis zu einer Kollision länger. Außerdem steigerte das das Vertrauen sowie die Akzeptanz des Systems, das Situationsbewusstsein und das Wissen von der Fehlbarkeit des Systems.

Bei Harman konzentrieren wir uns auf die Entwicklung einer „neuen Leinwand“, die modernste Display- und Audiotechnologien nutzt und dem Benutzer gestattet, das Situationsbewusstsein aufrecht zu erhalten und gleichzeitig die Vorteile der Autonomie zu genießen. Insbesondere entwickeln wir fortschrittliche Displaytechnologien wie QLED und OLED, die in der Lage sind, tiefere Farben mit höherer Sättigung und damit realistischere Kamerabilder anzuzeigen, und gleichzeitig die Kombination mit 3D Augmented Reality (AR) gestatten. Außerdem konzentrieren wir uns auf sprachgestützte KI und Audiotechnologie, die bidirektionale Kommunikation in natürlicher Sprache ermöglichen, um das Zusammenwirken von Fahrzeug und Fahrer zu unterstützen.



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